The Space in Between


Kuratorischer Text zur Gruppenausstellung mit Sophia Domagala, Johann Alexis von Haehling und Anina Brisolla

„The Space in Between“ beschreibt mehr als nur eine räumliche oder zeitliche Zwischenposition. Es verweist auf einen Zustand der Offenheit, der Nichtfestlegung, der Bewegung zwischen Polen. Das Dazwischen steht für Übergang, Ambivalenz und Transformation. Es ist ein Ort, an dem sich Gegensätze berühren, auflösen oder neu zusammensetzen.

In diesem Zwischenraum liegt ein besonderes Potenzial. Er entzieht sich binären Ordnungen und lädt dazu ein, die Welt nicht in festen Strukturen, sondern in Prozessen zu denken. Es geht nicht um einen Mangel an Klarheit, sondern um eine bewusste Unsicherheit – ein Raum für neue Bedeutung, für Mehrdeutigkeit, für Entfaltung. Das Dazwischen ist keine Leere, sondern eine Möglichkeit.

Die Gruppenausstellung bringt drei künstlerische Positionen zusammen, die sich auf jeweils eigene Weise mit Zwischenzuständen beschäftigen: Sophia Domagala, Johann Alexis von Haehling und Anina Brisolla. Ihre Werke machen erfahrbar, wie sich Material, Bedeutung und Form im Dazwischen verschieben, brechen oder neu ordnen.

Sophia Domagala bewegt sich mit ihren Streifenbildern zwischen Struktur und Geste, Wiederholung und Abweichung. Ihre Werke entstehen aus einer Konzentration auf das scheinbar Reduzierte – Linien, Farben, Rhythmen, doch im Detail zeigen sie eine hohe Sensibilität für das Unerwartete: Brüche, Tropfen, Schichten, Unregelmäßigkeiten. In diesem Spannungsfeld zwischen System und Störung entwickelt sich ein visueller Rhythmus des Dazwischen: mal ruhig, mal widerständig. Ihre Malerei wird so zu einem Denkraum für das Nichtfeste, für Übergänge zwischen Emotion und Konstruktion, zwischen Form und Auflösung.

Die Arbeiten von Johann Alexis von Haehling verorten sich im Spannungsfeld von Abstraktion und innerer Landschaft. Seine zurückhaltend komponierten Malereien verbinden subtile Farbräume mit meditativen Bildflächen, die keine klare Lesbarkeit verlangen, sondern ein SichEinlassen. Risse zwischen den Farbflächen erscheinen wie Wunden in Körpern und in der Welt. Schlitze in der Textur des Universums. Begegnungsorte von Intimität und Körperlichkeit. Eine Begegnung von Licht und Schatten und das, was dazwischen stattfinden könnte. Dokumentationen tektonischer Schichten zwischen Emotionen, gesellschaftlichen Beziehungen und physischer Geologie. Seine Werke verweilen in einem Zustand des Tastens und der Stille. Sie öffnen Zwischenräume, in denen Wahrnehmung verlangsamt und emotionale Tiefe zugelassen wird.

Anina Brisolla beschäftigt sich mit strukturellen Systemen und deren Auflösung. Ihre konzeptuell minimalistischen Skulpturen und Reliefs bestehen aus Fragmenten, Resten und Ausschnitten früherer Arbeiten. Durchsichtige Netze umspannen diese Elemente, ohne sie vollständig zu binden. In diesem materiellen Zwischenraum wird Zerstörung zur Ressource, Abfall zur Form. Ihre Werke operieren im Spannungsfeld von Ordnung und Instabilität, von Konstruktion und Dekonstruktion, und verweisen auf größere gesellschaftliche Zusammenhänge: den Umgang mit Ressourcen, das Sichtbarmachen des Verborgenen und das Potenzial des Unfertigen.

„The Space in Between“ fragt nach dem Potenzial des Unbestimmten. Was passiert, wenn Bedeutungen sich verschieben, wenn Dinge sich entziehen, wenn Raum nicht eindeutig definiert ist? In der Kunstgeschichte waren es oft gerade die Grenzräume, die produktiv wurden, zwischen Fläche und Raum, zwischen Objekt und Subjekt. Die Ausstellung versteht sich als Einladung zur Verlangsamung, zum Verweilen und zum Nachdenken über das, was zwischen den Dingen liegt.

Auch gesellschaftlich ist „The Space in Between“ hochaktuell. Zwischen Identitäten, Disziplinen, Kulturen und Lebensphasen entstehen Spannungsfelder, die unsere Gegenwart prägen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Zwischenraum wird so zur Übung in Wahrnehmung, Empathie und Offenheit.

„The Space in Between“ ist nicht nur ein Ort oder ein Moment, es ist eine Haltung. Ein Denken in Übergängen, ein Zulassen von Unschärfe, ein Erproben alternativer Formen des Seins.

Scroll to Top